Das Gerät (oder besser gesagt 2 Stück davon mit Aussicht auf weitere) kam zu mir mit der Fehlerbeschreibung "Klingt verzerrt", was immer das auch heissen mag. Also mal an eine Last angeschlossen und mit 1kHz am Eingang bespielt.
Blau zeigt das Eingangssignal, Gelb das Signal an der Last. Solange das Ausgangssignal "klein" ist, folgt der Ausgang problemlos, Wird das Signal aber nur ein bisschen erhöht, so beginnt der Ausgang sehr stark zu verzerren.
Das Gerät wird also Zerlegt.
Service Manual für die Endstufe gibt es glücklicherweise bei Tanja. Sie ist anscheinend auch als Dynacord L1600 verkauft worden, und teilt daher auch deren Schaltpläne.
Nach etwas Herum-gemesse, und Am-kopf-gekratze stand fest, dass der Fehler irgendwo in der Regelung des Ausgangs zu suchen sei, da das Signal aus dem Vorverstärker in Ordnung ist, aber das Signal in Richtung Leistungsstufe die Verzerrungen aufweist. Die Regelung ist als diskreter Differenzverstärker aufgebaut.
Nach weiteren Messungen fiel der Verdacht auf die beiden rot eingekreisten parallelen 100µF Kondensatoren. Diese bilden wohl den I-Anteil des Regelkreises, mit den beiden antiparallelen Dioden als Anti-Windup maßname. Also Ausgelötet und vermessen.
Die Messergebnisse sind sehr aufschlussreich. Es müssen also neue Kondensatoren her. Problem dabei, es handelt sich um Bipolare Elektrolytkondensatoren mir 100µF und 10V. Also Kurzerhand 2x220µF gegenseitig in Serie verschalten, und siehe da, der Verstärker funktioniert.
Insgesamt wird dieser Kondensator 4x pro Kanal verbaut als C106, C107, C110 & C111 sowie als C206, C207, C210 & C211.
Passenden Ersatz gibts vielerlei. Die Wahl ist auf Panasonic ECE-A1AN101XB gefallen. Der ist z.B. bei Mouser oder DigiKey auch für Privatpersonen in kleinen Stückzahlen verfügbar. Bei Bauteilen von Bezugsquellen wie Ebay, Amazon, AliExpress ect. ist immer Vorsicht geboten ist, da dort teilweise auch gefälschte oder gebrauchte Bauteile angeboten werden.
Neue Kondensatoren sind eingetroffen, jetzt geht es an den Austausch.
Besonders auffällig ist das die Endstufe sehr wartungsfreundlich
aufgebaut ist, so sind z. B. Testpunkte und Service-Schalter verbaut und
auch direkt auf der Platine beschriftet. Auch sonst scheint der
Layouter Spass bei seiner Arbeit gehabt zu haben...
Nach kurzem vorheizen der Platine lassen sich die Kondensatoren wunderbar mit der Endlötpistole auslöten, es ist aber wichtig, die Platine nicht zulange aufzuheizen, sie neigt nämlich dazu sehr leicht blasen zu bilden. Das verwendete Platinenmaterial ist nach heutigen Standards von schlechter Qualität.
In dem Zug wurden auch zahlreiche andere Lötstellen nach gelötet, wie die Kühlkörper und Anschlusspins der Ausgangstreiber des Differenzverstärkers. Diese profitieren wohl auch vom Austausch der Wärmeleitpaste, da diese teilweise steinhart wird.
Als letzten schritt wurde die Platte zwischen Ansteuerplatine und Leistungsplatine abgenommen. Auch wenn die Endstufe im inneren sehr sauber wirkt, sammelt sich hier einiges an Staub. Beim Ausblasen mit Pressluft ist es sehr empfehlenswert die Rotoren der Ventilatoren fest zu halten, oder anders zu blockieren, da sie durch frei drehen elektrisch wie auch mechanisch beschädigt werden können.
Die Serviceluke für die untere Leistungsplatine findet sich auf der Unterseite der Endstufe. Wieder sehr wartungsfreundlicher Aufbau.